Das alljährliche European Gasshuku findet immer am verlängerten Wochenende um Christi Himmelfahrt statt. Alle zwei Jahre ist Sensei Patrick McCarthy vor Ort und unterrichtet die Mehrzahl der Trainings. In diesem Jahr stand u.a. die kata yara kushanku als ein großer Hauptpunkt auf dem Programm.
Der reguläre Tagesablauf in diesem Trainingslager sah wie folgt aus:
In der Morgeneinheit vor dem Frühstück lag der Fokus auf Techniken am Boden. Nach einer kurzen Erwärmung folgte meist ein Teil, in dem einige technische Details erklärt wurden. Die letzten 30 Minuten wurden gerollt, gefolgt von einigen abschließenden „cool down“-Übungen. Nach dem anschließenden Frühstück ging es die ersten Tage mit Bestandteilen aus dem nyûmon weiter. In den
Einheiten am Nachmittag beschäftigten wir uns mit der kata yara kushanku. Ob nach dem Abendessen noch weitergeübt wird, liegt an der eigenen Energie/Lust/Laune, wobei auch die Möglichkeit zum Ausruhen und für Unterhaltungen besteht.
Die kata yara no kushanku geht auf einen der ersten Kampfkunstexperten des Karate und Kobudo zurück, Chatan Yara. Dieser war der Nachfolger des Karate-Meisters Kûsankû. Letzterer entwickelte eine kata, die später seinen Namen tragen sollte. Diese kata existiert in sehr vielen Stilrichtungen und Interpretationen, wie bspw. der Kankû durch Gichin Funakoshi oder in drei Formen von Meister Itosu.
Mehrfach erwähnte Sensei McCarthy den Satz „How you do something is how you do everything“. Übersetzen kann das sicher jeder von euch. Gemeint ist, dass man anhand von Kleinigkeiten in Situationen Rückschlüsse auf den gesamten Menschen ziehen kann. Sicherlich kann man so nicht alle Facetten eines Menschen einschätzen und vielleicht führt es zu Vor-Urteilen. Oftmals lassen sich aber aus Kleinigkeiten bereits Tendenzen erkennen.
So kann man aus der Art, wie ein Karateka tsuki waza hitori gata übt, durchaus Rückschlüsse auf andere Übungen ziehen. Aber so verhält es sich auch über das Karate hinaus (wirklich übers Karate hinaus?), bspw. bei zwischenmenschlichen Dingen wie dem Aufhalten einer Tür oder auch dem geschlossen halten einer Tür (bspw. um Verletzungen zu vermeiden).
Genau wie vor zwei Jahren, gab es dieses Jahr auch eine Trainingseinheit, in der Übungen mit dem Messer (tantô) geübt wurden. Sollte es jemals dazu kommen, dass man auf der Straße jemandem mit einem Messer begegnet, empfiehlt Sensei McCarthy folgende Dinge (dabei ist zu beachten, dass der zweite, dritte, vierte und fünfte Punkt nur in Anspruch genommen werden sollte, falls der, der jeweils zuvor genannt wird, nicht realisierbar ist):
1. Abstand halten und möglichst weglaufen
2. sich verstecken
3. sich selbst mit einem Gegenstand bewaffnen (Gürtel, Schuh, größeres Messer , etc.)
4. das Problem kommunikativ lösen
5. kämpfen
Die Annahme sich gegen einen mit einem Messer bewaffneten Gegner mit den bloßen Händen wehren zu können, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Ohne Verletzungen würde man aus so einem Kampf SEHR wahrscheinlich nicht herausgehen. Gute Messerkämpfer werden nicht lange das Messer zeigen und damit herumfuchteln. Diese Kenntnis ist wichtig für Punkt 1-4, um der Situation verletzungsfrei entgehen zu können. Für 5. Bedeutet das wiederum, je erfahrener der Angreifer, desto kürzer ist das Zeitfenster und es kann auch gegen 0 tendieren (bspw. bei einem Angriff von hinten). Aufmerksamkeit für die Umgebung und die Hände eines „verdächtigen“ Menschen können die eigene Gesundheit erhalten.
Letztlich ist das Gasshuku auch eine Möglichkeit den aktuellen Stand der eigenen Fähigkeiten von Sensei McCarthy „beäugen“ zu lassen. Diese Chance kann man sich aber auch nehmen, wenn man sich bspw. bei einem Wurf etwas ungeschickt anstellt.
Wir bedanken uns für die gemeinsamen Tage in Holland dieses Jahr und freuen uns auf die weiteren Seminare mit Sensei Patrick McCarthy.