Der Samstag begann um 5 Uhr morgens mit einer Fahrt zum Flughafen, um das erste Mal zu einem Karate-Seminar mit dem Flugzeug anzureisen. Aufgrund eines tropfenden Wasserhahns in der Bordküche verspätete sich der Abflug um über 30min, aber wenigstens konnten wir die Unterhaltung zwischen Crew und Mechaniker verfolgen, was für aktuelle News und Unterhaltung sorgte. In Berlin angekommen, funktionierte die Anbindung per Bus und Bahn erstaunlich gut. Auf dem Campus der Uni Potsdam war dann allerdings vorerst kein Mensch zu sehen, was die Orientierung leicht erschwerte.
Mit ein paar Minuten Verspätung erschienen wir also in der Halle und konnten das erste Mal Bekanntschaft mit Sensei Ante Brännbacka (5.Dan), dem Vertreter von KU in Finnland, machen. Das Training begann mit Bewegungen, die wir irgendwo her kannten, aber eben nicht aus dem Karate wie bspw. dem Werfen eines imaginären Schneeballs oder eines Frisbee. Diese Übungen wiederholten wir anschließend in mehreren Variationen und kamen schließlich zu Anwendungsformen, die sowohl Hebel, als auch Würgen und Würfe beinhalteten.
Nach einer kurzen Pause landeten wir wortwörtlich auf der Matte, wo uns Ante in vielen kleinen Etappen an seinem Erfahrungsschatz auf diesem Gebiet teilhaben ließ. Dabei liegt Antes Vorliebe bei all den Würfen, bei denen man die Energie des Partners nutzt um ihn zu Fall zu bringen oder man nur mit geringen Krafteinsatz an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit nachhelfen muss, wie bspw. bei ashi barai.
Ante unterteilte in folgende Wurfarten:
- tripping – den Gegner über ein selbst kreiertes Hindernis bewegen
- slipping – Aufnahme/Lenkung/Ergänzung der aufgebrachten Bewegungsenergie des Gegners
- circular movement – kreisförmige Bewegung von Körperteilen oder dem gesamten Gegner
Mit zahlreichen Variationen näherten wir uns einem effektiven ashi barai an, wobei Sabrinas Knie sich irgendwann nicht mehr mit der Matte und ihrem restlichen Körper einigen konnte, was für einen kurzen Schrecken sorgte, jedoch hoffentlich bald wieder verheilt sein wird.
Nach 16 Uhr konnte man den Tag mit der „wahlobligatorischen“ Open-Mat-Einheit ausklingen lassen. Open Mat heißt dabei soviel wie freies Training auf der Matte, daher ist es nicht vorgeschrieben ob man etwas übt, was man übt oder mit wem, jeder kann üben wonach und nach welcher Intensität ihm gerade ist.
Der Sonntagmorgen sah dann ähnlich aus, wie so viele Sonntagmorgende an Seminarwochenenden: lädiert durch die ersten Blessuren und geprägt von Ermüdungserscheinungen und faulem Fleisch. Das ließ Sensei Ante Brännbacka nicht davon abhalten, die „Deutschen“ kurz für Ihre Härte zu loben und zahlreiche Takedowns auch auf dem Parkett üben zu lassen. Das erfreute meine Knochen zwar nicht sonderlich, vermittelt aber einen guten Eindruck, wie es sich in beliebiger Umgebung anfühlen könnte, falls man mal kein Matte dabei hat und dennoch gezwungen ist sich zuverteidigen.
Am Nachmittag durften wir dann wieder die Matten nutzen und tasteten uns Schritt für Schritt an die Verbesserung von seoi nage heran. Anschließend hatte Ante noch ein Ass im Ärmel: die ca. anderthalbstündige Bodeneinheit. In dieser Zeit vermittelte er uns kurze Sequenzen, während er parallel dazu im Raum nebenan noch ein Keri-Training gab. Die meisten gezeigten Szenarien hatte ich in dieser Form noch nicht gesehen. Es handelte sich dabei immer um Positionen in denen man als Angreifer noch eine Hand frei hatte um bspw. zu schlagen, man aber beide Hände des Gegners vorübergehend einklemmte oder limitierte.
Ich danke Sensei Ante Brännbacka, dass er uns an seinen Erfahrungen teilhaben ließ, Sensei Olaf Krey für die Korrekturen an manchen Stellen, die Fahrt zur Apotheke und das Initieren dieses Wochenendes, Jan und Tanja für die Unterkunft und die medizinische Betreuung von Sabrina und an alle anderen Teilnehmern, die eine so wunderbare Trainingsatmosphäre ermöglicht haben. Wir hoffen auf Wiederholung.
Zwei weitere Betrachtungen findet ihr hier.