eine Betrachtung von Dirk Rudolf
Am 02.12. machten sich voller Vorfreude 9 Karateka auf den Weg ins Trainingslager ins Waldachtal nach Oberwaldach. Nach einer etwa 45-minütigen Fahrt durch den Regen kamen wir alle nacheinander dort an. Neben mir und Annika nahmen noch André und Lukas an unserem ersten Trainingslager teil, sowie Philipp, der am Dienstag zum ersten Mal im Training war und sich spontan dazu entschloss, dass Trainingslagerleben auszuprobieren. Ebenfalls reiste Felix aus der Kampfkunstschule Furyu aus Königsbrück an und verbrachte das Wochenende mit uns.
Nach einem gemeinsamen Essen und Beisammensein fand die erste Trainingseinheit am späten Abend statt. In dieser Trainingseinheit wurden Partnerformen geübt, um sich „gegenseitig kennenzulernen“. Eine besondere Partnerübung war die, im Dunkeln den Partner mithilfe der klebenden Hände (Kakie) zu spüren und auf dessen Bewegungen zu reagieren bzw. selber Bewegungen auszuführen und zu schauen, wie der Partner reagiert. Ich fand diese Übung ziemlich anstrengend. Man musste sich sehr konzentrieren, um sich nicht irgendwo die Füße anzuhauen oder die Hände des Partners zu verlieren. Das Abendtraining machte mir wieder deutlich, dass wir alle noch viel lernen müssen; mir fallen die Kakie-Formen im Hellen schon nicht leicht, aber im Dunkeln gibt es der ganzen Sache erst seinen richtigen Reiz.
Am nächsten Morgen ging es früh los. Das erste Training fand um 7 Uhr noch vor dem Frühstück hinter dem Haus statt. Es wurde in der circa einstündigen Trainingseinheit zuerst die Müdigkeit durch Aufwärmübungen beseitigt um anschließend Shiho uke, zuerst ohne Techniken, später mit den ersten vier Grundtechniken (Age uke, Gedan barai, Uchi uke und Soto uke) zu üben. Für Samstagmorgen war es verdammt früh und ich fühlte mich irgendwie nicht so recht bereit zu trainieren. Ich fragte mich, wie das ohne ein anständiges Frühstück funktionieren sollte, doch durch die Gesichtsmassage wurde das Müdigkeitsgefühl gedämpft und mit zunehmendem Training machte es mir nichts mehr aus, dass wir noch gar nicht gefrühstückt haben; der Körper hatte sich auf die Bewegungen eingestellt.
Nach dem anschließenden Frühstück fand die zweite Trainingseinheit an diesem Tag statt. Wir joggten in den nahe gelegenen Wald und übten zuerst Fußtritte im Stand. Diese Übung war gar nicht so einfach, da wir die Fußtritte auf Baumstümpfen übten und daher der Gleichgewichtsinn stark gefordert wurde. Anschließend mussten die Bäume im Wald daran glauben: Wir stellten uns jeder vor einen Baum und führten einen Check und Gedan barai gegen den Stamm aus. „Wie sieht das denn aus? Wenn jetzt jemand vorbeikommt und sieht, wie wir auf die Bäume einschlagen, denkt er bestimmt, dass wir verrückt sind“, schoss es mir durch den Kopf. Im zweiten Teil des Trainings übten wir mit dem Partner Keri waza (eine Kombination aus Angriff und Abwehrtechniken); der Angreifer und der Verteidiger wechseln sich während der Übung ab. Ich übte eine sehr lange Zeit mit Lukas und musste die Sache sehr konzentriert angehen, damit die Körperunterschiede nicht zu seinem Nachteil werden.
Am Nachmittag wiederholten wir zuerst die Partnerübung vom Vormittag, jedoch wechselten wir jetzt die Partner, sodass man sich neu auf die jeweilige Person einstellen musste. Dies war nach dem Vormittagstraining, bei dem wir die ganze Zeit mit dem gleichen Partner übten, eine neue Herausforderung und machte viel Spaß. Wie es im KU üblich ist, lernten wir danach die entsprechende Kata dazu. Ich fand das Einprägen der Kata nach dem Vormittags- und dem halben Nachmittagstraining ziemlich schwierig, da die Konzentration mit der Zeit doch stark nachließ und man ein bisschen kämpfen, um mit seinen Gedanken nicht ganz abzuschweifen. Zur Auflockerung nach dem etwa zweistündigen Training entschlossen wir uns einen Spaziergang durch den Wald zu machen, um die nähere Umgebung zu erkunden. Da wir keine Karte von dem Gebiet hatten und nach Gefühl liefen, war es ein kleines Abenteuer, bei dem wir erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit wieder in unserem Haus ankamen.
Am Abend fand nach dem gemeinsamen Essen ein kleines Spiel statt. Steve hatte ein Kreuzworträtsel entworfen, das es galt zu lösen. Bei einigen Fragen mussten wir ab und an grübeln, da sie zum Teil sehr anspruchsvoll waren. Das Rätsel beinhaltete Fragen über das Karate und KU. Lukas war der Glückliche, der am wenigsten Fragen beantworten musste, da er nur sehr selten eine drei oder sechs als Karte zog. Nachdem alle Fragen beantwortet waren, galt es das Lösungswort zu finden. Dies war sehr schwierig und wir mussten alle zusammen überlegen, um es endlich lösen zu können: „Karate findet nicht nur im Dojo statt.“ Dieser Satz hätte für ein Trainingslager kaum besser ausgewählt sein können. Man ist eine Gemeinschaft, in der jeder seine Aufgaben und Pflichten hat, wie beispielsweise das Zubereiten des Essens, während sich die Schwarzgurte nochmals Gedanken über die nächsten anstehenden Trainings machen.
Am Sonntag stand um 7 Uhr wieder Frühtraining auf dem Programm. Da die Müdigkeit noch weiter vorangeschritten war, aber ich wusste, dass man gut trainieren kann, wenn man müde ist, ging ich die Sache viel entspannter an. Wir übten uns wieder im Shiho uke, dieses Mal allerdings mit allen sechs Grundabwehrtechniken (Age uke, Gedan barai, Uchi uke, Soto uke, Kake uke und Shuto uke).
Nach dem Frühstück ging es dann wieder raus und wir übten einige Partnerformen mit dem Bo sowie eine Kata. Für mich war ein gutes Gefühl, mal wieder mit dem Bo zu trainieren. Ich finde, dass das Bo-Training einen gewissen Reiz hat, der im Karate nicht vorhanden ist und somit eine gute Abwechslung und Bereicherung der Kampfkunst darstellt. Den Abschluss der letzten Trainingseinheit in unserem Trainingslager stellte die Kata vom Vortag dar, um das Trainingslager thematisch abzurunden.
Abschließend kann man sagen, dass unser erstes Trainingslager abwechslungsreich und sehr lehrreich war. Auch wenn das Wetter nicht immer auf unserer Seite war, haben wir das Beste daraus gemacht. Wir freuen uns alle schon auf das nächste TL im nächsten Jahr. Einen besonderen Dank auch an unsere Schwarzgurte für die gute Organisation und die Gestaltung der Trainings.